Weigel

Weigel
Weigel,
 
1) Hans, österreichischer Schriftsteller, * Wien 29. 5. 1908, ✝ Maria Enzersdorf am Gebirge 12. 8. 1991; war Kabarettist, Journalist und Theaterkritiker in Wien; emigrierte 1938 in die Schweiz, ab 1945 wieder in Wien; geistreich-amüsanter Dramatiker (»Barabbas. ..«, 1946), Erzähler und Feuilletonist; auch Übersetzer (von Molière) und Bearbeiter dramatischer Werke (von J. N. Nestroy); bedeutender Förderer junger österreichischer Schriftsteller, denen er v. a. in den von ihm herausgegebenen Anthologien erste Publikationsmöglichkeiten bot (u. a. »Stimmen der Gegenwart«, Bände 1-4, 1951-54). Mit seiner Sprachkritik (»Die Leiden der jungen Wörter. Ein Antiwörterbuch«, 1974) sah er sich in der Nachfolge von K. Kraus.
 
Weitere Werke: Romane und Erzählungen: Der grüne Stern (1946); Das himmlische Leben (1946); Unvollendete Symphonie (1951); Hölle oder Fegefeuer (1952); Vorschläge für den Weltuntergang (1973).
 
Sonstige Prosa, Essays, Kritiken: O du mein Österreich (1956); Flucht vor der Größe (1960); Tausendundeine Premiere (1961, erweitert 2 Bände, 1983); Lern dieses Volk der Hirten kennen (1962); Karl Kraus (1968); Götterfunken mit Fehlzündung (1971); Der exakte Schwindel oder der Untergang des Abendlandes durch Zahlen und Ziffern (1977); Das Land der Deutschen mit der Seele suchend (1978); Ad absurdum (1980); Nach wie vor Wörter (1985); Man kann nicht ruhig darüber reden (1986); Die tausend Todsünden (1988); Das Abendbuch (1989); Das Scheuklappensyndrom (1990).
 
 2) Helene, Schauspielerin und Theaterleiterin österreichischer Herkunft, * Wien 12. 5. 1900, ✝ Berlin (Ost) 6. 5. 1971; war Schauspielerin in Berlin, als sie 1922 B. Brecht begegnete, den sie 1928 heiratete. Sie spielte in Berlin 1932 die »Mutter« in dem gleichnamigen Stück von Brecht nach M. Gorkij und ging mit ihrem Mann 1933 ins Exil (Mutter in Brechts »Gewehre der Frau Carrar«, Paris 1937, Kopenhagen 1938). Aus Hollywood kehrte sie 1948 mit Brecht zurück (erste Rolle: Sophokles' »Antigone« in Chur). Von 1949 bis zu ihrem Tod leitete sie in Berlin (Ost) das von Brecht gegründete Berliner Ensemble. Als »Mutter Courage« (1949) in Brechts Stück vereinigte sie die Darstellungsweise des epischen Theaters mit der Ausdruckskraft ihrer starken Persönlichkeit. 1965 spielte sie die »Volumnia« in Brechts Bearbeitung von Shakespeares »Coriolan«.
 
 
V. Tenschert: Die W. (Berlin-Ost 1981).
 
 3) Valentin, evangelischer Theologe, * Naundorf (heute zu Großenhain) 1533, ✝ Zschopau 10. 6. 1588; war seit 1567 lutherischer Pfarrer in Zschopau. Beeinflusst von der deutschen Mystik (J. Tauler) und naturphilosophischen Ideen (Paracelsus) begründete Weigel eine Denkrichtung des Spiritualismus, nach der sich die Heilszusage Gottes im »inneren Menschen« realisiere, das dem Menschen so gegebene »innere Licht« die alleinige Quelle seiner Erkenntnis sei (ohne die alles Lehren und Beten umsonst ist) und Gott diesen »inneren Menschen« als sein Werkzeug gebrauchen werde, um die in »äußerlicher Gottesdienst« und geistlicher Erstarrung (Orthodoxie) verfallene Kirche (die »Mauerkirche«) zu erneuern. Philosophisch-theologisch beschrieb Weigel den Menschen als Mikrokosmos - Weigels Schriften wurden erst ab 1609 von seinen Anhängern gedruckt und lösten eine neue spiritualistische Bewegung aus (Weigelianismus). Nachwirkungen Weigels finden sich bei J. Arnd, J. Böhme und G. W. Leibniz.
 
Ausgabe: Sämtliche Schriften, begründet von W.-E. Peuckert u. a., herausgegeben von H. Pfefferl, auf 15 Bände berechnet (Neuausgabe 1996 ff.).
 
 
A. Israel: V. W.s Leben u. Schriften nach den Quellen dargestellt (1888);
 F. Lieb: V. W.s Komm. zur Schöpfungsgesch. (Zürich 1962);
 S. Wollgast: Philosophie in Dtl. zw. Reformation u. Aufklärung 1550-1650 (21993).

Universal-Lexikon. 2012.

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